Das böse A-Schimpfwort

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AutorIn: Ilona Schönle

Kaum jemand bleibt vor ihnen verschont und dass der Umgang mit gewissen widerwärtigen Zeitgenossen, ein alltägliches Phänomen im (Arbeits-)Alltag zu sein scheint, belegt eine erstaunliche Bandbreite an Literatur dazu. Eine Annäherung.

Das Arschloch zum Prinzip erklärt

In einem philosophischen Magazin habe ich einen bemerkenswerten Beitrag einer Frau Geyer entdeckt, dessen Inhalt ich der werten Officeblog Leserschaft nicht vorenthalten möchte. Zunächst einmal Erschrecken angesichts des derben Titels „Das Arschloch Prinzip“, dann immer mehr Freude über die wirklich feine Annäherung an ein - wie schnell deutlich wird - alltägliches Phänomen.

Geyer schreibt: „Sie sind überall – entkommen kann man ihnen nicht. Wir begegnen ihnen morgens im Stau, tagsüber auf der Arbeit und abends im Supermarkt. Man kennt sie aus dem Finanzsektor und der Künstlerszene.“ Die Rede ist von, Achtung, Arschlöchern oder vornehmer ausgedrückt, rektalen Ausscheidungsorganen. 

Typologie des Arschlochs und wie böse sind Arschlöcher?

Geyer beschäftigt sich unter anderem mit der Klärung von Fragen wie, ob auch Frauen Arschlöcher sein können und warum wir uns eigentlich so über sie aufregen. Das A-Wort ist jedenfalls ein Allerweltsschimpfwort, das hauptsächlich für Männer verwendet wird, wobei das Arschloch-Sein, auch gerade im beruflichen Kontext, sicherlich nichts typisch Männliches ist.

Arschlöcher beanspruchen stets vielfältige Privilegien für sich und verhalten sich, als bestünde das (Arbeits)- Leben für sie nur aus Rechten. Ein Arschloch, so schreibt Geyer in ihrem Text, sei wirklich davon überzeugt, dass es den letzten Schluck Milch für den Kaffee verdient hat. Dies aus der Legitimation heraus, dass ein Arschloch seine Mitmenschen und Kollegen meist für langweilig und wertlos hält, von sich selbst und seinen Fähigkeiten jedoch umso überzeugter ist. Arschlöcher brauchen stets Gegenüber, um darin die eigene Bedeutsamkeit zu spiegeln. Darin unterscheiden sie sich im Übrigen von den Egoisten, die zwar auch auf die eigene Nutzenmaximierung aus sind, ihre Umgebung jedoch weitgehend ignorieren.

Kommen wir noch zur Frage ob ein Arschloch böse ist. Sicherlich ist die, das Arschloch kennzeichnende, Rücksichtslosigkeit abstossend. Jedoch soweit, als dass man die Ungerechtigkeiten und Grenzüberschreitungen als bösartig im verbrecherischen Sinne bezeichnen könnte, geht es nicht.  Um abgrundtief Böses zu kennzeichnen, dafür ist der Ausdruck nicht Kraftwort genug. Jedoch die Regelmässigkeit mit der sich Arschlöcher bis maximal auf der Vorstufe zu einer Straftat bewegen, lässt ihr Verhalten zumindest zu etwas moralisch Verwerflichem werden. Das hilft uns im täglichen Umgang mit ihnen jedoch leider nicht weiter. Denn zum Wegsperren reicht das Arschlochsein halt in den meisten Fällen nicht und wir müssen mit ihnen leben (und arbeiten).

Meine Recherche zum Thema lässt mich staunen, denn die Vielfalt an Literatur über das Thema ist erstaunlich vielfältig (siehe Anhang). Der amerikanische Management-Professor Robert Sutton beispielsweise zeigt in seinem internationalen Bestseller »Der Arschloch-Faktor« auf, wie diese destruktiven Charaktere ihren Mitmenschen schaden und die Leistungsfähigkeit ganzer Organisationen untergraben.

„Ein temporäres Arschloch ist jeder mal“

Doch Arschloch ist nicht gleich Arschloch, erklärt der Autor eingangs. Ein „temporäres Arschloch“ ist jeder einmal, wenn aus Ärger oder schlechter Laune heraus mit Kollegen mies umgegangen wird. Doch Sutton geht es um den Umgang mit „amtlichen Arschlöchern“, die über einen langen Zeitraum ihre Stellung ausnutzen, um sich über andere zu erheben. So ist es dann auch kennzeichnend für ein amtliches Arschloch, dass es im Unternehmen eine höhere Position einnimmt als diejenigen, die unter ihm zu leiden haben.

Sutton hat nun sogar noch eins draufgelegt und mit „Überleben unter Arschlöchern“ einen weiteren Ratgeber geschrieben, der abhängig vom jeweiligen Arschloch-Typus, zahlreiche praktische Tipps und Strategien zum Umgang mit schwierigen Zeitgenossen gibt.

Es könnte helfen, denn wer kennt sie nicht: den unfähigen Kollegen, der sich mit fremden Federn schmückt, den cholerischen Chef oder die intrigante Nachbarin. Egal, ob in Beruf, Freundeskreis oder Familie – Arschlöcher lauern überall.

Sutton bezieht in beiden Werken zahlreiche Studien, Management-Techniken und Beispiele ein, die seinen Büchern erschreckende Glaubwürdigkeit verleihen und zeigen, dass es sich letztlich um ein recht ernstes und durchaus verbreitetes Thema handelt. Zu hoffen wäre, auch wenn das ein sehr frommer Wunsch sein mag, dass vor allem viele „amtliche Arschlöcher“ die Texte lesen und bei der Lektüre so etwas wie Selbsterkenntnis verspüren. Unternehmen könnten dadurch einiges an Kosten sparen.

 

Literaturempfehlungen zum Thema: 

Robert I. Sutton: Der Arschloch-Faktor

Heyne Verlag 2008. Vom geschickten Umgang mit Aufschneidern, Intriganten und Despoten in Unternehmen.

Robert I. Sutton: Überleben unter Arschlöchern

Piper Verlag 2017. Wie Sie mit Leuten klarkommen, die andere wie Dreck behandeln.

Aaron James: ASSHOLES: A THEORY

Doubleday, 2012. Eine ernst zu nehmende philosophische Auseinandersetzung mit dem Wesen des Arschlochs. Inspiriert wurde der Autor übrigens beim Surfen: natürlich von Arschlöchern.

Manfred Chobot (Hg.): GENIE & ARSCHLOCH

Molden, 2009. Die Bestätigung dafür, dass auch Genies Arschlöcher sein können. Von Bertolt Brecht über Arthur Rimbaud bis hin zu Jean-Paul Sartre.

 

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