Sprache formt Denken

Wissenschaft
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AutorIn: Doruntina Mrlaku

Die Sprache ist unser wichtigstes Werkzeug, das wir jeden Tag benutzen, um uns überhaupt verständigen zu können. In der Arbeitswelt kommunizieren wir viel, sei es in formellen oder informellen Gesprächen, zu zweit oder in einer Gruppe. Auf der ganzen Welt hat jeder eine andere Form der Sprache, die er oder sie bei verschiedenen Begegnungen verwendet. Auch wenn wir jeden Tag sprechen, müssen wir mehr darüber lernen, wie sich unsere Art zu sprechen und unsere Ausdrucksweise auf das Wohlbefinden eines Menschen auswirkt und wie wir unsere täglichen Interaktionen an unserem Arbeitsplatz einfacher, verantwortungsvoller und sinnvoller gestalten können. Denn die Sprache formt das Denken.

Was ist Sprache? 

Sprache ist ein Mittel der Kommunikation. Für den französischen Soziologen Pierre Bourdieu ist die Sprache nicht nur ein Mittel der Kommunikation, sondern auch "ein Instrument des sozialen Handelns - ein Mittel der Herrschaft". Wichtig ist die praktische Aufgabe, die die Sprache hat, und ihre Umsetzung im sozialen Kontext. Denn Sprache kann zur Herstellung von Machtverhältnissen und sogar "als Mittel des Zwangs und der Nötigung" eingesetzt werden. Sprechen zu können bedeutet, sich mitzuteilen, Gedanken zu formulieren, und dies auf vielfältige Weise.  

 

Sprache schafft Bedeutung 

Das Momentum - Institut für Rhetorik und Kommunikation in Deutschland berichtet uns, dass die meisten Kinder im Alter von 18 Monaten bereits etwa 50 Wörter benutzen. Im Alter von 3 Jahren passen Kinder ihre Sprache dem Alter ihres Gegenübers an und können sich auf unterschiedliche Weise bedanken und um etwas bitten. Schon in jungen Jahren haben wir unsere Bedürfnisse kommuniziert und andere dazu gebracht, unsere Wünsche in die Tat umzusetzen. Als Erwachsene ändert sich daran wenig, nur die Art und Weise, wie wir es tun, wird raffinierter und die Motive werden vielfältiger. Wir waren uns auch sehr früh bewusst, dass wir, wenn wir verstanden werden möchten, mehrere Begriffe brauchen, die Bedeutung ergeben, sobald sie zusammengefügt werden. Je sorgfältiger wir unsere Begriffe wählen, desto einfacher können wir es jemandem ermöglichen, gewünschte Bilder in ihrem Kopf zu bilden. Mit der Sprache können wir uns und andere bewusst wie auch unbewusst steuern. In diesem Sinne ist die Sprache ein grossartiges Instrument der Vielfalt, das unsere Vorstellungskraft anregen kann. Denn nur was wir wissen, können wir auch benennen und was wir benennen können, können wir auch wahrnehmen. Verstanden zu werden ist aber gar nicht so simpel. 

Sticks and stones may break your bones, but words can change your brain.

Was ist die Macht der Sprache? 

Sprache ist mächtig, denn die Anwendung ist sehr subtil. “Sticks and stones may break your bones, but words can change your brain”. Laut Dr. Andrew Newberg und Mark Robert Waldman können Worte das Gehirn buchstäblich beeinflussen. Die Wirkung von Sprache setzt im Gehirn an, an der Steuerzentrale unseres Denkens, Erlebens und Verhaltens. Innerhalb von Millisekunden nach der Wahrnehmung eines Wortlauts über das Ohr übermittelt das Gehirn eine Reaktion auf ein Wort. In diesem Moment feuern unsere Neuronen. Das bedeutet, dass ein einziges Wort die Macht hat, den Ausdruck von Gefühlen zu beeinflussen, körperlichen und emotionalen Stress zu regulieren. So kann ein einziges negatives Wort die Aktivität in unserer Amygdala (dem Angstzentrum des Gehirns) erhöhen. Dadurch werden Dutzende von stressauslösenden Hormonen und Neurotransmittern freigesetzt, was wiederum die Funktion unseres Gehirns stört und schliesslich zu Veränderungen in unserem Verhalten und unseren Gefühlen führt. Viele sind sich nicht bewusst, dass unsere Worte das Denken und das Wohlbefinden eines Menschen in nur wenigen Millisekunden beeinflussen können. Am Arbeitsplatz ist das oft der Fall. Unsere Arbeit an sich stellt bereits eine Belastung dar, eine zusätzliche negative Interaktion mit anderen macht unseren Tag nur noch anstrengender. Negative Kommunikation kann Probleme wie Ineffizienz und Konflikte mit sich bringen oder zu verringerter Moral führen. Sprache kann nicht nur unser Gegenüber beeinflussen, sondern auch uns selbst. Unsere Sprache spielt eine grosse Rolle für unsere Identität. Wenn wir unsere Sprache verlieren, verlieren wir gewissermassen unsere Identität. Die Wahl der Worte sagt daher viel über eine Person aus, unabhängig davon, was die Person eigentlich sagen wollte.  

 

Achtsame Sprache 

Achtsame Kommunikation sorgt für einen Abgleich zwischen unserem inneren Selbst (Gedanken) und äusseren Ausdruck und erhöht unsere Authentizität. Authentizität bedeutet die grösstmögliche Übereinstimmung zwischen dem, was wir denken, fühlen, zeigen (Körpersprache) und sagen - kurz gesagt, unsere volle Präsenz. Wie können wir unsere Aussagen sowohl sinnvoller als auch verantwortungsvoller gestalten? Mit positiven Formulierungen. Je länger wir über positive und optimistische Worte nachdenken, desto mehr stimulieren wir die Aktivität (Sprache, Motorik, exekutive Funktionen, Empathie und soziale Fähigkeiten) im Frontallappen. Unsere Worte prägen unsere Denkweise. Um negative Formulierungen in Zukunft zu vermeiden, müssen wir diese zuerst in unserem alltäglichen Wortschatz identifizieren. Dafür bedarf es allerdings einer kontinuierlichen Analyse und Achtsamkeit gegenüber der eigenen Sprache. Mit Training ist es möglich, eine positive Denkweise zu kreieren. Wie können Sie also herausfinden, welche Sprachmuster negativ sind? Im Folgenden werden zwei bedeutende Punkte beschrieben, die einen Unterschied in Richtung Positivität bewirken können. 

 

Verneinungen vermeiden 

Häufig ist die Negativität versteckt in der alltäglichen Kommunikation und tritt nur subtil in Erscheinung, wie Verneinungen. Denken Sie jetzt bitte nicht an einen rosa Elefanten. Sie dachten gerade an einen rosa Elefanten, nicht wahr? Mit diesem oder ähnlichen Denkverboten bewirken wir genau das Gegenteil. Das liegt daran, dass Verneinungen und negative Formulierungen in unserem Gehirn nicht in ein Bild umgewandelt werden und sehr abstrakt bleiben. Beispiele für Verneinungen, die am Arbeitsplatz häufig vorkommen, sind: 

«Das war erst einmal nicht schlecht» 

«Achten Sie bitte darauf, dass Sie hier keinen Fehler machen» 

Dies könnten Mitteilungen sein, mit denen wir nicht die gewünschte Wirkung im Gehirn der anderen erzielen. Denn wenn wir die Verneinung aus diesen Sätzen entfernen, bleibt das übrig, was wir eigentlich nicht wollen. 

Ein Satz mit dem Inhalt «Ich möchte nicht mehr scheitern» sagt zudem wenig über die neue Richtung aus. Er signalisiert lediglich den Wunsch etwas zu verändern. Diese Haltung kann ein Motivator sein, um den ersten Schritt zur Veränderung zu wagen. Aber eben nur den ersten Schritt. Damit bleibt der Fokus stets auf dem nicht erstrebenswerten Zustand. Verneinen schafft Distanz. Stattdessen könnte der Satz so lauten: «Ich möchte anders vorgehen und besser werden». Er leitet die Person an, in eine positivere und motivierende Richtung zu denken und wird mehr bewirken als ein Satz, der eine Verneinung enthält. 

 

Positive und konstruktive Kritik 

Auch bei einer anspruchsvollen Kritik an einem Mitarbeitenden sollte die Sprache nicht negativ sein. Die Kritik kann positiv und konstruktiv formuliert werden. Sie zielt so nicht darauf ab, jemandem klarzumachen, dass er oder sie etwas nicht gut gemacht hat. Sie dient vielmehr als Anstoss darüber nachzudenken, welche Möglichkeiten es gibt etwas besser zu machen. 

Eine Schrittfolge zur Formulierung einer Kritik kann durch dieses Beispiel veranschaulicht werden: 

  1. Offene Frage: «Wie gelingt Ihnen zurzeit Ihre Work-Life-Balance?»  
  2. Beobachtung ohne negative Formulierung: «Mir ist aufgefallen, dass Sie oft bis spät abends fleissig im Büro arbeiten und dann um 10:00 Uhr morgens zur ersten Sitzung eilen.» 
  3. Positive Möglichkeit einbringen: «Können Sie sich vorstellen, Ihren Tag etwas anders zu strukturieren und früher zu kommen, damit Sie Zeit haben, sich auf die Sitzungen einzustimmen und dafür abends auch früher nachhause gehen können?» 

 

Fazit

So wichtig wie unsere Sprache für uns ist, so wichtig sollte auch der Umgang mit derselben sein, ganz gleich in welchem Umfeld oder Gespräch wir uns befinden. Wir kennen heute die Vorteile unserer Sprachverwendung, aber auch die Risiken wie die Beeinflussung der Gedanken unseres Gegenübers. Es ist wichtig, unseren Sprachgebrauch so oft wie möglich zu hinterfragen. Durch Training können wir uns verbessern und eine viel achtsamere Sprache am Arbeitsplatz, aber auch in unserem Alltag entwickeln.